Von der Politik vergessen, droht selbständigen Ergotherapeuten, Physiotherapeuten Logopäden und Podologen im Landkreis Hildburghausen der finanzielle Ruin
Die Politik nimmt Verschwinden der Therapiepraxen in Kauf denn beim geplanten Rettungsschirm der Bundesregierung wurden die Heilmittelerbringer nicht berücksichtigt.
Leserbrief. Ob Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden oder Podologen – unter uns Heilmittelerbringern wächst in diesen Tagen allerorts die Verzweiflung. Grund ist, dass wegen der Corona-Krise immer mehr Patienten ihre Behandlungstermine absagen. Uns, den selbstständigen Praxisinhabern und deren Angestellte bringt das immer näher an den Rand des wirtschaftlichen Ruins. Sollten die Praxen aus finanziellen Gründen schließen müssen, wird dies auch im Landkreis Hildburghausen nicht nur jetzt in der Krise, sondern auf Dauer massive Versorgungsprobleme bringen, was am Ende allen Patienten schadet, weil es Heilungsprozesse verzögert oder unmöglich macht.
„Sollte dies nicht der Fall sein, nimmt die Politik wissentlich die Insolvenz von vielen tausend Heilmittelerbringern in Kauf und gefährdet damit hunderttausende von Arbeitsplätzen und die Gesundheit der Bevölkerung“, bringt es Ute Repschläger, Vorsitzende des Spitzenverbands der Heilmittelverbände (SHV), auf den Punkt. Die Heilmittelbereiche Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Pedologie leiden laut SHV seit Jahren unter sehr geringen Vergütungssätzen. „Und bei den derzeitigen Umsatzrückgängen um 60 bis 90 Prozent sind die finanziellen Rücklagen dann schnell aufgebraucht wenn es sie überhaupt gibt“, verdeutlicht Repschläger.
Grund für die Umsatzrückgänge ist einerseits, dass zahlreiche Patienten aus Angst vor der Corona-Welle ihre Termine absagen. „Viele unserer Patienten gehören zur Risikogruppe und bleiben nun lieber zuhause. Viele glauben aber auch, dass die Praxen aufgrund der verhängten Kontaktverbote geschlossen sind“, erläutert Repschläger. Das sei aber nicht korrekt.
Heilmittelerbringer sind systemrelevant, d.h. sie gehören ausdrücklich zum Kern der Gesundheitsversorgung wie Krankenhäuser, Ärzte und Apotheker auch. Sie dürfen weiterhin Patienten behandeln, vorausgesetzt diese gehören nicht zu den Risikogruppen (Chronisch Kranke und ältere Menschen).
„Deshalb muss ein weiterer Rettungsschirm ganz selbstverständlich auch für uns Therapeuten gelten“, fordert die SHV-Vorsitzende.
Der Verband fordert finanzielle Soforthilfen von der Gesetzlichen Krankenversicherung in Form von Ausgleichszahlungen. „Wenn wir keine Leistung erbringen können, entstehen den Krankenkassen keine Kosten. Ganz im Gegenteil: Sie profitieren finanziell von dieser Situation“, sind sich alle SHV-Mitgliedsverbände einig: ,,Denn die Kosten für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Pedologie sind im Haushaltsplan der Krankenkassen bereits eingeplant. Es bringt sie also nicht in finanzielle Schwierigkeiten, den Heilmittelerbringern eine Soforthilfe auszuzahlen, um deren Umsatzeinbußen auszugleichen. Für die Krankenkassen ist das ein Nullsummenspiel. Den Heilmittelerbringern rettet das aber deren Existenz- und darauf kommt es im Moment mehr denn je an. Andernfalls ist die Versorgung mit Heilmitteln in der Zukunft gefährdet.“
Richard Podlich
Ergotherapeut
Streufdorf
Foto: Pixabay
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Liane Freund
16. April 2020 @ 16:44
Sehr geehrter Herr Scheu, vielen Dank für Ihren Kommentar, der mit meiner Meinung voll im Einklang ist.
Sie sollten Ihre Ausführung direkt als Leserbrief nochmals der Rundschau zukommen lassen.
Es betrifft letztendlich auch Kosmetikerinnen. Da muss man sich fragen, was da anders im Einhalten der Hygieneregeln sein soll als bei Frisören oder Zahnärzten. Gerade Kosmetikerinnen sind meistens Einzelunternehmen. Gerade Podologen werden in den Pflegeheimen dringend gebraucht.
Lothar Scheu
20. April 2020 @ 9:08
Sehr geehrte Frau Freund, vielen Dank für ihren positiven Zuspruch, zeigt dieser doch vehement auf, wie diese Berufe seit langem schon vernachlässigt werden. Und warum?
Weil diese Sparten bis dato fast problemlos funktioniert haben und das trotz mancher darin vorkommender Probleme. Frei nach dem Motto: „Wir machen das Unmögliche möglich.
Jeder Landwirt bekommt Entschädigungen und Zuschüsse für seine Tätigkeiten, bei jedem Beamten läuft der Gehalt weiter, jeder Politiker bezieht weiterhin seine Diäten. Nur in unserer Sparte ist dies nicht so, hier muss alles hart erkämpft werden. Es wird Zeit, dass sich diese Situation massiv ändert.
Gerade im Pflegebereich und im Bauhandwerk ist dies vonnöten. Sie sind die stützenden Säulen, die die Wirtschaft in dieser schrecklichen Zeit stützen. Es wird höchste Zeit, dass dies auch dementsprechend honoriert wird.
Hier sind unsere Politiker mehr als gefragt, dementsprechend zu handeln…
Lothar Scheu
13. April 2020 @ 10:58
Sehr geehrte Leserinnen und Leser, nicht nur den Heilern oder ähnlichen Berufen ergeht es zur Zeit so, sondern auch dem kleinen Handwerker, der im Baugewerbe o.ä.zugange ist.
Was nützen 9.000 Euro Soforthilfe, die es erst umständlich zu beantragen gilt, wenn Aufträge wegbrechen oder aufgrund der derzeitigen Krise einfach ausbleiben? Die laufenden Zahlungen bleiben bestehen, die Banken fordern ihre Zins-und Kreditzahlungen weiterhin ein. Ggf. kann eine Stundung beantragt werden, aber irgendwann muss auch dieser Betrag zurückbezahlt werden.Und dann stellt sich die Frage, wie? Wenn keine Reserve vorhanden ist z.Bsp.?
Politiker, Beamte und Lehrer haben da gut lachen.Bei denen läuft der Gehalt einfach weiter, punktum. Ach ja, gnädigerweise wollen unsere Abgeordneten diesmal auf höhere Diäten verzichten, nachdem die Gewerkschaften ein aussetzen der Lohnverhandlungen angekündigt haben. Wollen, noch ist nichts entschieden.
Man kann es drehen wie man es will, Freiberufler und Selbstständige sind auch diesmal wieder der Dumme an dieser Geschichte, vor allem Kleinbetriebe ab einem Arbeiter. Hier wäre es ernsthaft an der Zeit, diesbezügliche Überlegungen anzustellen um diese Ungerechtigkeit besser zu verteilen.
Und es wäre sehr schön, wenn sich auch die GRÜNEN an dieser Diskussion zum Wohle des Bürgers beteiligen und sich nicht immer wieder nur durch kaum finanzierbare und unsinnige Umweltprojekte hervortun würden…